Stelle dich nackt vor den Spiegel und betrachte dich. Sage dir: Ich bin schön!
Immer mal wieder springt mir diese Aufforderung entgegen. Und ich mag sie nicht!
Warum, das erzähle ich dir in diesem Beitrag!
In einem Land, dessen Ort unbekannt ist und in einer Zeit, die sich nicht bestimmen lässt,
lebte einmal eine Königin. In ihren Adern floss kein Blut, sondern ein Saft, der "Anerkennung"
hieß. Sie lebte von der Anerkennung anderer. Einmal jährlich fuhr sie in ein Sanatorium, um wieder
aufzutanken.
In diesem Jahr wurde sie in einen besonderen Saal eingewiesen, der ihr als besonders wirkungsvoll
angepriesen wurde.
Sie trat in den Saal ein und staunte nicht schlecht, denn der ganze Saal war mit unzähligen Spiegeln
ausgestattet. Jeder Spiegel war etwa 2 Meter hoch und hatte einen goldenen Rahmen. Als sie in den
Saal eintrat knarzten die Holzdielen, also wollten sie ihr Erstaunen zum Ausdruck bringen.
Sie ging zum ersten Spiegel und schaute hinein. Sie konnte sich nicht sehen, es war so, als stünde sie
nicht vor einem Spiegel, als wäre sie unsichtbar. Verstohlen schaute sie sich um, es war niemand da
und sie wusste nicht, was sie tun sollte. Also stellte sie die Frage, die sie bisher nie zu fragen gewagt
hatte: "Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?"
Zu ihrem großen Erstaunen antwortete ihr der Spiegel. Es war die Stimme ihrer Mutter:
"Mein Liebes, du bist die Schönste im ganzen Land, das weißt du doch!"
Die Königin ging weiter zum nächsten Spiegel. Ganz vorsichtig sagte sie ihr Sprüchlein noch einmal
auf und der Spiegel antwortete ihr mit der Stimme ihres Gemahls:
"Wer die Schönste ist? Hmmm.... du????" Die Königin spürte wie sie an Stärke verlor, das war
nicht die Anerkennung, die sie gebraucht hätte.
Müde schleppte sie sich zum nächsten Spiegel: Dieser antwortete ihr mit der Stimme ihres Sohnes:
"Natürlich du, wenn ich groß bin, dann heirate ich dich!"
Die Königin fühlte sich wieder ein wenig stärker, doch richtig gesundet war sie noch nicht.
Beim nächsten Spiegel antwortete ihr dieser mit der Stimme des Hofnarrs:
"Die Kunigunde, die dritte Hofdame. DIE ist die Schönste im ganz Land!"
Vor lauter Schwäche sank die Königin zu Boden. Doch niemand kam, um sie aufzurichten.
Mühsam zog sie sich vor der nächsten Spiegel. Auf ihre Frage antwortete ihr dieser mit der Stimme
des Kochs: "Oh, meine verehrteste Majestät, ohhhh, Sie sind die allerschönste in diesem Land. Ich verzehre
mich gar zu sehr nach Ihnen!"
Die Königin strahlte und stand nun ganz aufrecht!. Sie fühlte sich voller Kraft und strahlte.
Nun war sie auf den
Geschmack gekommen und ging schnell zum vorletzten Spiegel:
Mit der Stimme ihrer Freundin aus Kindertagen antwortete ihr der Spiegel:
"Ja, natürlich du! Du wolltest ja immer die Schönste sein. Aber ich bin die Klügste. Der König hat dich zur Frau
genommen, aber mit mir plaudert er viel lieber!"
Empört wandte die Königin sich zum Gehen. Fluchtartig wollte sie den Raum verlassen. Doch sie konnte nicht.
Sie spürte, wie ihre Kräfte nachließen und sank zu Boden. Es war, als wenn alle Lebenssäfte aus ihr heraus flossen.
Mit letzter Kraft schob sie sich zum letzten Spiegel. Dieser war nur klein und hatte keinen Goldrahmen.
"Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?", hauchte sie mit letzter Kraft.
Der Spiegel antwortete ihr mit sonorer Stimme:
"Ich sehe brünettes Haar, hochgesteckt. Zwei blaue Augen, eine Nase mittlerer Größe..."
"Aber", rief die Königin "du sollst mir sagen, wer die Schönste ist!"
Doch der Spiegel antwortete nur:
"Ich sehe brünettes Haar, hochgesteckt. Zwei blaue Augen, eine Nase mittlerer Größe..."
Die Königin unterbrach ihn wieder und doch antwortete der Spiegel immer wieder mit den
selben Worten.
Nun verließen die Königin endgültig die Kräfte. Ohnmächtig sank sie zu Boden.
Die König begann zu träumen. Im Traum erschien ihr eine Fee. Die Fee war ganz zart und glitzern.
Fast schien sie durchscheinend zu sein. Immer wenn sie sich bewegte, veränderte sich ihr Aussehen.
"Liebe Königin, du brauchst Anerkennung, um leben zu können. Wer kennt dich am besten?"
Ratlos schaute die Königin die Fee an.
"Du selbst kennst dich am besten. Du selbst weißt, was du an
dir anerkennen kannst. Du selbst darfst dir Anerkennung schenken!"
"Aber...." stammelte die Königin "ich muss doch wissen, ob ich schön bin!"
"Meine Liebe, ist es das, was dich ausmacht? Ich schenke dir ein weiteres Jahr.
In diesem Jahr, findest du heraus, was dich ausmacht.
An jedem Tage schreibst du auf, was du an dir anerkennst.
Nach einem Jahr
kommst du mit einem Buch mit 365 Seiten zu mir.
Ich werde sehen,
ob ich dir weitere Lebenszeit schenken
kann!"
Und hier endet meine Geschichte. So viel sei verraten: Die Königin hat noch viele Jahre gelebt!
Und nun will ich dir auch erzählen, warum ich diesen Satz nicht mag: Ich bin schön!
Ich bin ganz ehrlich: Ich finde nicht alles an mir schön.... die Schwangerschaftsstreifen, die ein oder
andere Delle, die ein oder andere Falte/ Narbe etc.
Soll ich mich vor einen Spiegel stellen und sagen: Ich bin schön?! Mit dem Ergebnis, dass ich ein total
schlechtes Gewissen habe, weil ich es nicht kann? Weil ich es nicht fühle!
Und ist es überhaupt wichtig, dass ich alles an mir schön finde? Nein ist es nicht! Ich mag meine
Schwangerschaftsstreifen zwar nicht, aber es ist okay. Ich muss ja nicht bauchfrei rumlaufen und
ansonsten.... es gibt auch andere schöne Anblicke in meinem Leben.
Ich muss auch nicht alles schön an meinen Nachbarn finden, an meinem Partner oder an meinen Kindern....
Und das ist auch völlig in Ordnung so. So ist das Leben... es ist keine rosa Wolke....
Im Übrigen, und das drückt die Geschichte aus, ES LIEGT IMMER IM AUGE DES BETRACHTERS
Vielleicht gibt es ja sogar jemanden der Schwangerschaftsstreifen ganz süß findet ;-)
Okay Scherz beiseite.... Frage mal 5 Personen: Wen findest du schön? Und du kriegst mindestens
5 verschiedene Antworten und sicherlich eine heiße Diskussion darüber, warum die Erstgenannte
ja wohl wirklich nicht schön ist, dafür ....
Mich schüttelt es ein bisschen, wenn ich daran denke, dass es Seminare gibt, in den ich sagen müsste:
"Ich bin schön!" Denn ich bin weder das eine oder das andere in seiner Absolutheit. Ich vermute mal,
wenn ich wütend bin, bin ich vielleicht sogar ein wenig hässlich? Das wäre vielleicht gar nicht mal so
schlecht, könnte auf etwaige Angreifer gar abschreckend wirken ;-)
Ich stelle mir gerade vor, ich müsste sagen "Ich bin lieb!" Empört würde ich rufen: "Nein, bin ich nicht!"
Ich bin nämlich auch mal ärgerlich, wütend und manchmal bin sogar ein bisschen unhöflich. Bin ich
auch unverschämt? Ich weiß es nicht, denn auch das entscheidet das Auge (oder das Ohr) des Betrachters.
Aber manchmal bin ich auch lieb....
Bin ich also schön? Ganz ehrlich, ich möchte niemanden mit der Frage belästigen. Stell dir mal vor, du gingest
zu deinen Freunden/Nachbarn/ Arbeitskollegen und würdest sie fragen: "Bin ich schön?"
Ich bin keine Hellseherin, aber eines weiß ich.
Die Reaktionen wären höchst unterschiedlich und sicherlich filmreif.
Genau, ICH möchte niemanden mit dieser Frage belästigen und mich selbst auch nicht!
Es ist ganz in Ordnung, das nicht alles (im Auge meiner Betrachtung) schön ist.
Aber ich kann damit leben:
Mit den Schwangerschaftsstreifen, mit der ein oder anderen Narbe,
mit den Falten, mit ersten grauen Härchen, hier und da kleine Pölsterchen....
Und weißt du was? Es gibt auch Dinge an mir, die finde ich wirklich schön.
Was das ist? Das verrate ich dir nicht,
denn dein betrachtendes Auge sieht das vielleicht ganz anders.
Und weißt du was noch? Ich finde zwar nicht alles an mir schön, aber ich bin meinem Körper sehr dankbar:
Dankbar, dass er mich jeden Morgen
- aufstehen
- gehen
- fühlen
- greifen
- lächeln
- sprechen
- hören
- denken
- tanzen
- riechen
- essen
und so weiter .... lässt.
Ja ich bin meinem Körper sehr dankbar. Dankbar, dass er die meiste Zeit
wie am Schnürrchen funktioniert.
Manchmal macht er mich auch darauf aufmerksam, dass ich Dinge verändern sollte:
Gerade spricht mein Nacken zu mir: "Bewege dich mal!"
Ja, die Körperstimme .... aber das ist eine ganz andere Geschichte!
Wie gehst du mit der Frage von Anerkennung, Schönheit und Dankbarkeit um?
Konnte ich dir mit meiner Geschichte neue Impulse geben?
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SAM (Mittwoch, 28 Februar 2018 11:15)
Eine schwierige Frage, die mich auch immer wieder umtreibt. Und ich habe keine Antwort darauf. Ich finde meine langen Haare schön und meine grünen Augen-wenn ich nicht grad Migräne oä habe...wenn...da ist es wieder. Ich kann zwar gut Komplimente annehmen wie "Du kannst ja gut mit Worten...-" oder "Mensch hast Du schöne Haare", aber mir selbst das gleiche sagen fühlt sich so seltsam und falsch an. Mein Verstand sagt, dass der alte Glaubenssatz mit "sich selbst nicht so wichtig nehmen" oder auch "Eigenlob stinkt" völlig falsch ist, trotzdem praktiziere ich beide in verschiedenen Varianten. Ich glaube, wenn der Tag einfach gut gelaufen ist, alles so flutschte, dann hab ich eine andere Energie, strahle anderes aus und wenn ich dann am großen Spiegel auf dem Flur vorbei gehe und mir selbst zu lächel, dann kommt mir "du siehst gut aus" oder "schön, wie deine augen strahlen" in den Sinn. Aber eben auch nur dann und das ist sicher schade.
LG SAM
Nicole von Neue Wege Entdecken (Mittwoch, 28 Februar 2018 11:38)
Liebe SAM, vielen Dank, dass du deine Gedanken hier teilst. Es hilft dir vielleicht, wenn du mal überlegst, was du grundsätzlich an dir schön findest. Oder anders gesagt: Stell dir vor, du bist jemand anderes und siehst dich, was würdest du dann schön/ hübsch/ attraktiv finden? Manchmal erleichtert der Perspektivenwechsel die eigene Wahrnehmung ;-)
Und es hilft zu wissen, dass wenn wir schlecht zurecht sind, dann ist auch die Wahrnehmung unserer eigenen Person nicht so positiv. Wenn du das einmal weißt, dann ist es auch leichter zu akzeptieren, dass wir uns eben nicht ständig schön finden müssen....so wie wir unsere Wohnung manchmal total gemütlich/ stylisch/ schön finden und an anderen Tagen eben nicht. Und das ist doch auch ganz okay so :-D
Wichtig ist, dass wir nachsichtig mit uns und unseren Gedanken sind.
Liebe Grüße Nicole